AKTUELLES

25.05.2020
Prof. Adam Bodomo. On Africa Day, 25th May 2020, Speech to African Students at Taiyuan University of Technology, Taiyuan China.
Here the speech als PDF

23.05.2020
Exzellenzcluster Afrika Multiple, Universität Bayreuth
Stellungnahme zur Debatte um Achille Mbembe hier die Stellungnahme als PDF

18.05.2020

Offener Brief afrikanischer Intellektueller, Schriftsteller-, und KünstlerInnen an Frau Angela MERKEL, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, und an Seine Exzellenz Frank Walter Steinmeier, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Wir, afrikanische Intellektuellen, Denker-, Schriftsteller-, KünstlerInnen, verurteilen vorbehaltlos die lügnerischen Antisemitismus-Anschuldigungen rechtsextremer fremdenfeindlicher und rechtskonservativer Gruppierungen in Deutschland gegen Professor Achille Mbembe.

Wie Hunderte WissenschaftlerInnen und Fachleuten aus unterschiedlichen Fachbereichen festgestellt haben, sind diese groben Anschuldigungen nicht nur unvernünftig und grundlos, sondern sie stellen auch eine unzulässige politische Instrumentalisierung einer schrecklichen menschlichen Katastrophe dar. Dazu untergraben solche Anschuldigungen zutiefst das Grundrecht auf Kritik, auf Gedanken- und Meinungsfreiheit, auf akademische und künstlerische Freiheit und auf Gewissensfreiheit.

Darüber hinaus können solche Anschuldigungen das Bild Deutschlands in Afrika dauerhaft trüben sowie die Bemühungen um einen freien, respektvollen interkulturellen Dialog – frei von der Last rassistischen Gedankenguts – zwischen Ihrem Land und den politischen Kräften des afrikanischen Kontinents.

Zeitgleich sprechen wir denjenigen BürgerInnen Deutschlands – einfachen BürgerInnen, Akademikern, Journalisten, Intellektuellen und Diplomaten –, die sich offen für Professor Achille Mbembe eingesetzt haben, unseren Dank und unsere Anerkennung aus. Manche – unter diesen deutschen BürgerInnen – könnten ihre Solidaritätsbekundung sogar mit weiteren Schikanen seitens derselben extremistischen Gruppierungen bezahlen.

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Unser Brief ist ein Aufruf dazu, gemeinsam in Gleichheit, gegenseitigem Respekt und auf der Basis intellektueller Archive und der Weisheiten der ganzen Welt eine neue Phase im globalen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus zu eröffnen.

Abgesehen von wirtschaftlichen und anderen Faktoren, die Teil der Staatsraison sind, kennen und schätzen wir Ihr Interesse an Afrika, seinen Völkern, seinen Kulturen und seiner Geschichte.

Jedes Mal wenn Sie in Afrika gekommen sind, haben Ihnen unsere Völker und Regierungen im Gegenzug den würdigsten und herzlichsten Empfang bereitet. Wir sind uns auch Ihres Engagements für den Dialog zwischen den Nationen durch künstlerischen, kulturellen und intellektuellen Austausch – unter Achtung der Wahrheit, ohne Rassismus und für den Fortschritt der Menschheit – bewusst.

Angesichts des beklagenswerten Zustands unserer Welt sind wir davon überzeugt, dass ethische Überlegungen auf sehr breiter Basis dringend und notwendig sind, um alle Erinnerungskulturen an menschliches Leid besser zu teilen und solidarischer zu gestalten.

Wenn alle Menschen frei und gleich geboren sind, und wenn sie alle derselben Spezies angehören, dann gibt es keine menschlichen Leidenserfahrungen, die weniger bedeutsam als andere oder den anderen Leidenserfahrungen gegenüber untergeordnet sind. Die Beziehungen zwischen verschiedenen Erinnerungskulturen an menschliches Leid sind keine Beziehungen des Vorrangs oder der Vormachtstellung, sondern der Solidarität. Bei jeder Katastrophe in unserer gemeinsamen Geschichte ist es die Gestalt eines jeden von uns, die sich verfinstert. Und die Verantwortung der ganzen Erde steht auf dem Spiel.

Wie Sie es wissen, gehören die Völker Afrikas zu denen, die in ihrem Fleisch, ihrem Gewissen und in ihrer Seele auch die Gewalt der Geschichte erlitten haben. Die sichtbaren und unsichtbaren Folgeschäden dieser langen Geschichte bestehen fort. Aufgrund dieser langen Erfahrung haben wir durch die Stimmen unserer Schriftsteller-, Dichter-, Denker-, KünstlerInnen und Intellektuellen etwas Dringendes und Kostbares, was wir mit der ganzen Menschheit – betreffend menschlicher Leidenserfahrung, geistiger Heilung und Wiedergutmachung in der Welt – teilen können und wollen.

Wir sind daher über die anhaltenden Versuche in Deutschland bestürzt, unsere Wortmeldungen zu stigmatisieren, unsere DenkerInnen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Wie kann ein interkultureller Dialog zwischen Ihrem Land und dem afrikanischen Kontinent stattfinden, wenn wir durch alle möglichen Täuschungsmanöver daran gehindert werden, unsere Erfahrungen, deren globalen Bedeutungen und Erweiterungen im gegenwärtigen und zukünftigen Leben mit unseren eigenen Augen/Sinnen und unserem eigenen Verstand zu interpretieren?

Dennoch ist unsere Geschichte nicht lediglich eine Anhäufung von Niederlagen. Es ist vor allem eine lange Geschichte von Widerständen, Kreativität, Erfindungsreichtum und Resilienz. Diese Geschichte hat ein starkes, multidisziplinäres und weltoffenes Denken hervorgebracht, das von unseren Autor-, Dichter- und SchöpferInnen gut vertreten wird. Die Arbeit von Professor Achille Mbembe ist, wie die der früheren Generationen, Teil dieser schöpferischen und gastfreundlichen Denktradition.

Wir prangern daher jeden Versuch an, unsere reichsten Denktraditionen zur Geisel zu nehmen und zu beschmutzen. Als uns während der Epochen des transatlantischen Sklavenhandels und Kolonialismus unser Mensch-Sein überall aberkannt wurde, waren es diese Denktraditionen, die es uns ermöglichten, zu widerstehen und unsere unbestreitbare Zugehörigkeit zur Menschheit zu behaupten.

Afrika ist auch eine der Regionen der Welt, die Menschen aus aller Welt aufgenommen hat und der vieles aufgezwungen werden sollte: Sprachen, Religionen, Formen der Regierung, Gesundheitssysteme, Arten der Bekleidung. So ziemlich alles. Trotz der oft ungleichen und ausbeuterischen Beziehungen haben wir die meisten dieser von außen kommenden Kulturen immer mit Neugier und Offenheit aufgenommen. Wie kann ein interkultureller Dialog zwischen Ihrem Land und dem afrikanischen Kontinent stattfinden, wenn der kritische Blick, den wir auf dieses bunt zusammen-gewürfelte Erbe werfen, von vornherein Gegenstand irrsinniger und eurozentristischer Interpretationen wird?

Wir verurteilen daher alle Unternehmungen, uns koloniale Deutungsweisen unserer Geschichte aufzuzwingen. Zugleich bekräftigen wir unser Recht, unabhängig und auf der Grundlage unserer eigenen intellektuellen Deutungsmuster alle Vermächtnisse zu befragen und zu hinterfragen, die uns durch Gewalt oder List auferlegt worden sind.

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Damit der globale Kampf gegen Antisemitismus und Rassismen erfolgreich wird, muss der auf unbestreitbaren ethischen Grundlagen beruhen. Wir afrikanische Intellektuellen, Denker-, Schriftsteller- und KünstlerInnen sind von Folgendem zutiefst überzeugt:

Alle Menschen sind frei und gleich geboren. Sie gehören zur gleichen Spezies. Kraft dieser radikalen Gleichheit gibt es keine Erinnerungskultur, die einer anderen unter-legen ist. Alle Erinnerungskulturen können/dürfen mitgeteilt werden. Denn bei jeder Katastrophe und jedem Unglück in unserer gemeinsamen Geschichte ist es die Gestalt eines jeden von uns, die verfinstert wurde.

Um diejenigen zu schützen, die die Schrecken der Vernichtung erlitten hatten, und die unsäglichen Zerstörung-Traumata immer noch heimsuchen, ist es nicht nötig, den Schrei derer im Keim zu ersticken, die immer noch Gerechtigkeit und Gleichheit fordern.

Im Laufe unserer vielen Widerstandskämpfe in der Geschichte haben wir gelernt, dass eine gerechte Sache nicht mit zynischen und unmoralischen Mitteln bekämpft werden kann. Der Kampf für eine gerechte Sache mit unmoralischen Mitteln hat die Korrumpierung der Sache selbst zur Folge.

Wo historische Verbrechen begangen worden sind, muss die Wahrheit an erster Stelle stehen. Zeugenaussagen für Wahrheit und die Pflicht zur Wiedergutmachung müssen für alle gelten, ohne Diskriminierung.

Die Behauptung, ein Verbrechen durch ein anderes wiedergutzumachen, führt nicht zur Versöhnung. Nur Gerechtigkeit und Wahrheit führen zur Versöhnung.

Alle Erinnerungskulturen der Erde, ohne Ausschluss, sind für den Aufbau einer gemeinsamen Welt unverzichtbar. Alle Völker haben nicht nur ein Anrecht auf eine Erinnerungskultur, sondern alle Erinnerungskulturen haben auch das gleiche Recht auf Anerkennung und Erzählung.

Nur diese Solidarität zwischen allen Erinnerungskulturen an menschliches Leid wird es uns ermöglichen, den universellen Kampf gegen Antisemitismus und alle Formen von Rassismen, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus und Islamophobie auf globaler Ebene wiederaufzunehmen.

Der Kampf gegen Antisemitismus und alle Formen von Rassismen ist ein universeller Kampf. Er kann nicht durch lügnerische Anschuldigungen gewonnen werden. Dieser Kampf muss auf einer Ethik beruhen, die unter keinem Verdacht steht. Ohne diese ethische Grundlage läuft er Gefahr, nur ein weiteres Machtinstrument in den Händen der Mächtigen zu werden. Er darf nicht als Vorwand zur Rechtfertigung von Überlegenheit-Dünkel und Kolonial-Verhalten dienen. Dieser Kampf muss in den einzigartigen Dienst von Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung gestellt werden.

Die Versöhnung der Menschheit mit sich selbst und mit allen Lebewesen ist der einzige Weg, um den großen Gefahren des Jahrhunderts zu begegnen. Sie ist für das Überleben aller Spezies auf Erden unerlässlich. Ihr Fundament müssen Wahrheit und Gerechtigkeit sein, ohne Unterschied von Rasse, Religion oder Nationalität.

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Auf der Grundlage dieser Prinzipien fordern wir – Intellektuelle, Denker-, Schriftsteller- und KünstlerInnen Afrikas – in Verbundenheit mit der Forderung israelischer und jüdischer Gelehrter, Intellektueller und KünstlerInnen einstimmig eine fristlose Enthebung des Herrn Dr. Felix KLEIN als Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, .

Durch seine Äußerungen und Taten ist Herr Dr. Felix KLEIN moralisch nicht mehr in der Lage, den Kampf gegen Antisemitismus zu führen. Er hat daraus ein Instrument zur Förderung von Rassismus und gesellschaftlicher Spaltung gemacht und das Image Deutschlands in Afrika zutiefst beschädigt.

Angesichts der Schwere der Anschuldigungen und vor allem ihres erlogenen Charakters fordern wir öffentliche Entschuldigungen gegenüber Professor Achille Mbembe, dessen Gesamtwerk von den oben genannten ethischen Grundlagen zeugt.

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Es kann keine echte Beziehung zwischen den gesellschaftlichen Kräften des afrikanischen Kontinents und Deutschland geben, solange zwischen uns ein ungleiches Verhältnis besteht, das auf Rassismus, Lügen und Bevormundung beruht.

Deshalb werden wir auch weiterhin dafür plädieren, dass die ganze Wahrheit über die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika geklärt wird, beginnend mit dem Völker-mord an den Hereros und Namas (1904-1908) und den in anderen Schutzgebieten begangenen Gräueltaten. Unablässig werden wir uns auch dafür einsetzen, dass der Kolonialismus und seine historischen Spielarten – einschließlich Hitlerismus und Nationalsozialismus – in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden.

Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundespräsident,

Afrika ist ein Kontinent der Gastfreundschaft, in dem der Fremde und der Flüchtling oft willkommen geheißen, gepflegt und respektiert wurden.

In diesem Bereich wie auch in vielen anderen Bereichen sollte nur Gegenseitigkeit als Norm gelten. Wir werden daher weiterhin die Achtung und den Schutz unserer Dichter-, Künstler-, Schriftsteller-, DenkerInnen und Philosophen sowie aller afrikanischen BürgerInnen, die in Ihrem Land leben oder Ihr Land besuchen, vor rassistischen Schikanen fordern.

Wir werden auch weiterhin dafür plädieren, dass sie mit dem gleichen Respekt, der gleichen Rücksichtnahme und der gleichen Freundlichkeit behandelt werden wie Ihre MitbürgerInnen in Afrika und durch das gleiche Gesetz geschützt werden, das jeder-zeit für alle gilt, sei es im Bereich der Meinungsfreiheit, der akademischen, künstlerischen Freiheit oder der Gewissensfreiheit.

Übrigens bekräftigen wir die Forderung der Rückgabe afrikanischer Artefakte, die sich in Museen und Kultureinrichtungen in Deutschland befinden und die Umsetzung einer neuen Politik der deutsch-afrikanischen kulturellen Zusammenarbeit, die auf gegenseitigem Respekt und der Bereitschaft beruht, gemeinsam zu einer gerechten Umverteilung der Ressourcen unserer Welt beizutragen.

Schließlich appellieren wir Ihr Volk und Ihre Regierung eindringlich daran, alle Gebeine und anderen menschlichen Überreste, die sich im Besitz Ihrer Institutionen befinden, nach Afrika zurückzubringen.
Der Kampf gegen Antisemitismus und alle Formen von Rassismen ist ein universeller Kampf. Er kann nicht durch lügnerische Anschuldigungen gewonnen werden. Dieser Kampf muss auf einer Ethik beruhen, die unter keinem Verdacht steht. Ohne diese ethische Grundlage, läuft er Gefahr, nur ein weiteres Machtinstrument in den Händen der Mächtigen zu werden.
Wir hoffen, durch diesen Brief nachgewiesen zu haben, dass die für den Aufbau einer gemeinsamen Zukunft und einer echten globalen menschlichen Gemeinschaft nötigen intellektuellen und ethischen Ressourcen vorhanden sind.

Antikoloniale Denktraditionen sind ein integraler Bestandteil davon.

Hier der Brief als PDF Offener Brief an Frau Angela Merkel und Herrn Frank Walter Steinmeier

Übersetzt aus dem Französischen von:

Dr. phil. Daniel Romuald BITOUH
Literatur- und Kulturwissenschaftler, Gründer und Leiter der AFRIEUROTEXT Buchhandlung , Lassallestrasse 20 / 3, 1020 Wien / zur AFRIEUROTEXT Buchhandlung

simon INOU
Journalist und Medienkritiker, Mehr über simon INOU

Initiator dieser Kampagne und der dazu gehörigen Petition
Ludovic Lado
Direktor von Centre d’Etude et de Formation pour le Développement
N’Djamena, Tchad.
Kontakt: ladoludo@yahoo.fr

hier zum Petitionstext Nota Bene: Aus Datenschutzgründen erlaubt die Webseite Avaaz.org das Herunterladen von Unterzeichnerlisten nicht. Sie zeigt jedoch die Anzahl der Unterzeichnerinnen in Echtzeit an. In diesem Fall raten wir denjenigen, die daran interessiert sind, diesem Link zur Petition in Echzeit zu folgen und gegebenenfalls eine Anfrage an Avaaz.org zu senden, falls sie Zugang zur Liste der Unterzeichner haben möchten.